"75% l'homme, et 75% la femme, ce serait idéal", Françoise Hetto-Gaasch au sujet de l'organisation du temps de travail et de l'égalité des chances entre hommes et femmes

Luxemburger Wort: Frau Hetto-Gaasch, wie sieht die Gleichberechtigung in der Familie 2011 aus?

Françoise Hetto-Gaasch: Ich fände es ideal, wenn der Mann 75 Prozent arbeitet und die Frau auch. Dann haben beide etwas von ihrem Beruf und können eine Beziehung zu ihren Kindern aufbauen.

Luxemburger Wort: Halten Sie etwa nichts von der Ganztagskarriere?

Françoise Hetto-Gaasch: Das sind immer sehr persönliche Entscheidungen, die mit dem Partner abgesprochen werden müssen. Aber wenn die Kinder den ganzen Tag in einer Maison relais sind, riskiert die Bindungsfähigkeit irgendwann gestört zu sein. Das ist nicht zu unterschätzen. Natürlich gibt es Situationen, wo es nicht anders machbar ist. Aber ideal ist das aus Kindersicht nicht. Ich bin mir sicher, dass ich heute, obwohl ich beruflich sehr beschäftigt bin, ein gutes Verhältnis zu meinen 17 und 20 Jahre alten Söhnen habe, weil ich genug Zeit mit ihnen verbringen konnte, als sie Kinder waren.

Luxemburger Wort: Um das zu können, müsste es aber Teilzeit- oder Telearbeitsplätze geben. Und die sind Mangelware in Luxemburg.

Françoise Hetto-Gaasch: Ja, leider. Deshalb führen wir schon seit Langem das Programm "Actions positives" durch. Die Unternehmen, die dabei mitmachen, befragen ihre Mitarbeiter zunächst und führen dann beispielsweise Teilzeit- und Telearbeit ein. Die Ergebnisse - beispielsweise bei Unternehmen wie ING, Alter Domus oder der Dexia BIL - sind so überzeugend, dass sich hinterher immer alle fragen, warum sie das nicht schon früher eingeführt haben. Die Mitarbeiter finden das nämlich ganz toll! In Ihrem Haus wird ja auch bald eine "Action positive" durchgeführt. Glückwunsch!

Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft, in der die Unternehmen am liebsten die einfach zu handhabende 40-Stunden-Woche wollen. Inwieweit verhindert das vorherrschende Modell Gleichstellung?

Françoise Hetto-Gaasch: Gleichstellung findet für mich auf drei Ebenen statt: Auf der Ebene der Politik und Gesellschaft, der Ebene von Schule und Beruf und der Ebene des Privatlebens.

Damit es klappt, müssen wir flexiblere Modelle anbieten. Damit tut die Wirtschaft sich noch schwer. Deshalb sind Aktionen wie die, die wir zur Zeit mit den Unternehmen machen, so wichtig. Beim Programm "actions positives" haben seit dem Jahr 2000 schon vierzig Unternehmen mitgewirkt, fünf sind für die nächste Etappe zugelassen und drei werden derzeit geprüft. Das kann sich doch sehen lassen.

Luxemburger Wort: Sollte der Elternurlaub obligatorisch werden, damit Männer auch gleichberechtigt sind?

Françoise Hetto-Gaasch: Derzeit nehmen in Luxemburg 26 Prozent der Männer Elternurlaub; fast immer Mitarbeiter in öffentlichen Ämtern und Behörden. Wenn das obligatorisch wäre, wüsste jeder Unternehmer, dass beide Eltern betroffen sind. Das könnte schon viel bewirken.

Luxemburger Wort: Mädchen sind gut in der Schule, Frauen gut im Studium - und Männer meist die Chefs. Brauchen wir doch eine Quote?

Françoise Hetto-Gaasch: Da muss man nach Bereich unterscheiden. In der Politik tragen die Parteien selbst die Verantwortung dafür. Die CSV und die Grünen nehmen das auch wahr. Die Kompetenz sollte immer an erster Stelle stehen. Im Fall von gleichen Kompetenzen sollten Frauen den Vortritt haben, solange sie ungenügend vertreten sind. In der Wirtschaft muss man noch zwischen Verwaltungsrat und Direktion unterscheiden. In der Direktion muss die Kompetenz definiert werden. Frauen sind häufig viel stärker im menschlichen Miteinander und vorsichtiger in Finanzfragen. Studien in den USA zeigen regelmäßig, dass gemischte Teams mehr Erfolg haben. Was den Verwaltungsrat angeht, so haben Frankreich und Norwegen schon Gesetzesprojekte, bei denen 40 Prozent verpflichtend sind. Das kann auch auf europäischer Ebene ausgebreitet werden. Übrigens findet am 8. März eine große Konferenz zu dieser Frage statt. Davon erwarte ich mir viel.

Luxemburger Wort: Wird es eine gesetzliche Auflage geben?

Françoise Hetto-Gaasch: Den Unternehmen wollen wir bis etwa 2014 Zeit lassen, selbst einen guten Mix zu finden. Wenn das nicht geht, werden wir nicht um ein Gesetz herumkommen. Das würde auch Frauen entgegenkommen die eher eine abwartende Haltung einnehmen und sich nicht vordrängen. Frauen sollten sagen, was sie wollen, sonst wird es oft nichts mit der Karriere.

Luxemburger Wort: Was ist denn eigentlich Karriere?

Françoise Hetto-Gaasch: Das bedeutet nicht unbedingt, in einem Job bis ganz nach oben zu kommen. Es ist sehr individuell definiert. Für mich heißt das, sich zu verbessern, an eine neue Situation anzupassen, weiterzukommen und nicht immer auf dem gleichen Platz zu bleiben. Man muss sich in Frage stellen. Die Frage der Karriere ist nicht unbedingt mit dem Verdienst verbunden. Die Entfaltung ist viel wichtiger. Man gibt sein Bestes und es gelingt einem. Dabei sind auch Negativ-Erfahrungen wichtig!

Luxemburger Wort: Gibt es für Sie Länder, die ein Vorbild bei der Gleichberechtigung sind?

Françoise Hetto-Gaasch: Skandinavien wird ja gern genannt. Dort arbeiten viele Frauen; es gibt viele Betreuungsmöglichkeiten. Aber ich kenne die Details zu wenig. Wenn der Lohn geringer ist, bleibt vielen oft nichts anderes übrig. Aber man muss auch fragen: Wo bleibt die Nestwärme? Wer erzieht noch die Kinder? Das wird an den Schulen immer mehr ein Problem. Da fehlt regelrecht die Grundlage.

Luxemburger Wort: Haben Sie eine Antwort darauf?

Françoise Hetto-Gaasch: Ich mache mich stark für einen Elternführerschein. Wissen Sie, wenn heute eine Frau schwanger ist, sind bestimmte Arztbesuche und die Geburtsvorbereitungskurse Pflicht. Es wäre gut, wenn angehende Eltern - und zwar beide darüber hinaus noch etwas über die Grundlagen der Erziehung lernen müssten. Es gibt zwar schon sehr gute Angebote. Aber da gehen meist die hin, die sie nicht brauchen.

Luxemburger Wort: Jeder redet gern von benachteiligten Frauen. Gibt es das auch bei Männern?

Françoise Hetto-Gaasch: Ja, das fängt früh an. In unserem derzeitigen Schulsystem sind Jungen klar im Nachteil. Sie haben einen viel größeren Bewegungsdrang und passen sich nicht so gut an. Deshalb planen wir einen Konferenzzyklus zum Thema "Jungs im Schulsystem". Für die Männer ist es auch nicht immer einfach. Für sie wollen wir 2012 eine Beratungsstelle einrichten.

Luxemburger Wort: Haben Sie auch schon eine Lösung für die Ungleichheit bei Löhnen?

Françoise Hetto-Gaasch: Wir arbeiten mit dem Arbeitsministerium zusammen. Ideal wäre es, wenn die Gleichstellungsbeauftragten im Unternehmen die Lohnzettel einsehen könnten. Da würde schon vieles klarer. Außerdem müssen wir über Strafen nachdenken für solche Betriebe, die sich nicht an die gesetzlichen Bestimmungen in dem Bereich halten.

Auch die Berufswahl spielt eine Rolle: Deshalb beteiligen wir uns natürlich an einem Dauerbrenner jedes Jahr; dem Girls- and Boys Day. Junge Menschen gehen übrigens ganz locker mit diesen Themen um, das haben wir gesehen, als beim "ech si mega"-Wettbewerb tolle Liedtexte eingereicht wurden. Die haben uns sogar eine Facebookseite kreiert.

Luxemburger Wort: Apropos junge Menschen: Was ist mit jenen, die sich prostituieren? Darüber wurde in letzter Zeit einiges geschrieben ...

Françoise Hetto-Gaasch: Ja - und viel Falsches. Richtig ist, dass unser Ministerium eine Bestandsaufnahme über die Prostitution plant. Wenn wir dann wissen, wie die Lage ist, können wir weitere Entscheidungen treffen. Wir wollen uns auch darüber informieren, wie andere Länder mit dem Thema umgehen und die verschiedenen Modelle prüfen und vergleichen. Wenn eine Lösung in irgendeiner Form Sinn machen soll, muss sie grenzüberschreitend sein. Hilfreich wird sicher auch das Treffen mit meiner deutschen Amtskollegin sein, mit der ich mich im kommenden Monat über eine Reihe von Themen austauschen will.

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