Interview von Lydia Mutsch mit dem Lëtzebuerger Journal

"Offen für jede neue Herausforderung"

Interview: Lëtzebuerger Journal (Pascal Steinwachs)

Journal: Wie ist ihr Verhältnis zur AMMD, die in letzter Zeit ja ziemlich streitbar war? 

Lydia Mutsch: Während der Ausarbeitung des Spitalgesetzes war dieses Verhältnis ganz schwierig. Mit diesem Entwurf habe ich versucht, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen, was die Zusammenarbeit anbelangt. Und zwar in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen den Spitälern, die ja ein angeborenes Konkurrenzdenken haben, aber auch was die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren in den Krankenhäusern selbst anbelangt, also zwischen den Direktionen und den "Conseils médicaux". Das diesbezügliche Verhältnis hat sich inzwischen aber wieder normalisiert. Es war eine schwierige Zeit, aber jeder war hier in seiner Rolle. Allerdings sollte man korrekt im Umgang miteinander bleiben. 

Journal: Wie stehen Sie zur Einführung des "tiers-payant", auch wenn das nicht direkt unter Ihre Verantwortung fällt.? 

Lydia Mutsch: Ich vertrete, wie überhaupt in der Gesundheitspolitik, auch hier die Sicht des Patienten, der die bestmögliche Medizin unter den bestmöglichen Bedingungen erhalten soll. Wir haben über die Einführung des "tiers-payant" diskutiert, zum Beispiel im Zusammenhang mit den "maisons médicales", wo einer der Gründe darin bestehen könnte, dass die Leute lieber den Notdienst vorziehen, dass man hier nicht direkt bezahlen muss. Dieser Punkt muss auch in die zukünftigen Diskussionen miteinfließen. Es ist schon im Interesse des Patienten, wenn diese Diskussion zu einem Resultat kommt. Ich will aber natürlich nicht, dass dies auf Kosten des Systems geschieht, das auf einer Konventionierung beruht, und einer der Eckpfeiler unseres Gesundheitssystems darstellt, in dem die Ärzte eine wichtige Rolle spielen. Ich will nicht, dass es hier zu einer Desolidarisierung kommt. 

Journal: Bekommen wir jetzt genügend Magnetresonanztomographen (IRM)? 

Lydia Mutsch: Ich habe vor fünf Monaten grünes Licht für den Erwerb von vier neuen IRM gegeben, nachdem im Vorfeld eine Reihe von Voraussetzungen zu erfüllen waren. So hat die Gesundheitskasse ihre Unterstützung hinsichtlich einer Finanzierung zusichern müssen, und hat die "Commission Permanente du Secteur Hospitalier" die Fragen der Installation klären müssen, da mit Ausnahme eines Spitals überall neue Räume geschaffen und auch finanziert werden müssen. Da wir jetzt von sieben auf elf IRM's heraufgegangen sind, erwarte ich mir, dass wir zukünftig weniger die Scanner nutzen, wo ja im Gegensatz zu den IRM eine Strahlenbelastung existiert. Die Entscheidung ist jedenfalls getroffen, und die verschiedenen Häuser sind dabei, alles einzurichten. Auch erwarte ich mir eine Verringerung der Wartezeiten. 

Journal: Ein Wort noch zum Notdienst... 

Lydia Mutsch: Auch ich finde es als absolut nicht hinnehmbar, wenn die Patienten hier länger als zweieinhalb Stunden warten müssen. Momentan haben wir rund 26.000 diesbezügliche Ersuche pro Monat; hiermit ist Luxemburg Nummer eins in Europa. Aus diesem Grund ist es natürlich schwierig, das von einem Tag auf den anderen zu ändern, wobei von den 26.000 Ersuchen ein Fünftel nicht dahin gehört. Deshalb haben wir auch eine breitangelegte Informationskampagne in allen Sprachen gestartet, die wohl bald ihre Früchte tragen wird. Auch haben wir ein Audit durchführen lassen, aus dem über 150 Empfehlungen an die Politik und an die Spitäler erfolgt sind, wie man die Patienten innerhalb der ersten zehn Minuten besser in Empfang nehmen kann. Auch sollen verschiedene Schalter eingerichtet werden, darunter zum Beispiel einer speziell für ältere Leute und einer für Kinder. Auch soll ab Januar zwischen 7.00 und 17.00 ein Notdienst im CHL und im Kirchberger Spital angeboten werden. 

Journal: Wann bekommen die Leute endlich mehr Geld bei den Zahnbehandlungen zurück? 

Lydia Mutsch: Das fällt in die Verantwortung des Sozialministers. Da ich aber auch in der Quadripartite dabei bin, weiß ich, dass bei den neuen Leistungen große Anstrengungen unternommen wurden, vor allem auch was die Prävention anbelangt. 

Journal: Was liegt Ihnen am meisten am Herzen im Gesundheitsbereich? Bitte eine kurze Antwort. 

Lydia Mutsch: "Acces pour tous". Hieran darf nicht gerüttelt werden, handelt es sich hier doch um das Grundprinzip unseres Gesundheitswesens. Wir wollen keine Zwei-Klassen-Medizin, und müssen uns um jeden kümmern. 

Journal: Und bei der Chancengleichheit? 

Lydia Mutsch: Dass die gute Mischung inzwischen die Normalität darstellt. 

Journal: Was war für Sie als Minister bislang das schwierigste Dossier?

Lydia Mutsch: Um beim Spitalplan den Sprung von einem Reglement zu einem Gesetz zu machen, mit dem wir unsere Spitallandschaft in ein neues Zeitalter bekommen. Und in der Chancengleichheit, da nenne ich die Akzeptanz, was die Quote anbelangt. 

Journal: Worauf sind Sie besonders stolz?

Lydia Mutsch: Auf jedes einzelne meiner 20 Gesetze. Dazu kommen zehn Aktionspläne und 50 großherzogliche Reglemente. 

Journal: Ihr Arbeitspensum pro Woche? 

Lydia Mutsch: Im Durchschnitt zwölf Stunden pro Tag. Ich versuche aber, mindestens zweimal in der Woche abends bei meiner Familie zu sein, und am Wochenende einen Tag zu haben, an dem ich kein Engagement habe. 

Journal: Eine allerletzte Frage: Wollen Sie, sollten Sie zu den Wahlgewinnern gehören, ihre aktuellen Ressorts beibehalten? 

Lydia Mutsch: Ich habe meine zwei Ressorts schrecklich gern, bin aber offen für jede neue Herausforderung.

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